Grit Sachse, Florian Lauterbach und Erza Plava betreuen gemeinsam als Team das StadtLab Jena Projekt und sind als solches eben dafür verantwortlich, dass der Laden läuft. Kein selbstverständlicher Umstand, schließlich müssen sich hier ständig neue und am besten höchst unterschiedliche Akteure finden, welche das Ladenkonzept für ein temporäres Zeitfenster nutzen möchten. Und doch: In dem halben Jahr seit Gründung hat das StadtLab bereits über 50 Nutzungsformate und drei eigene Veranstaltungen umgesetzt.
Alles Teamarbeit
Einer der Gründe für dieses positive Ergebnis, da sind sich die drei einig, ist gute Teamarbeit. Dies ist natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass auch die drei hier durchaus keinen 08/15 Job nachgehen. Grit Sachse, die eigentlich aus dem Musikmanagement kommt, sieht hier durchaus Parallelen zu ihrem früheren Leben. „Wir generieren hier Netzwerke, beleben und führen Neues zusammen. Ich finde es sehr ansprechend, wenn eine Stadt viele Möglichkeiten für Begegnungen schafft. Und, die haben wir hier. Letztlich arbeite ich jetzt genauso viel mit einem Terminkalender wie früher. Dabei ist es ganz wichtig zu sagen, dass wir ein Team sind. Wir arbeiten gemeinsam.“
Für diese Arbeit sitzen die drei nicht irgendwo j. w. d. sondern direkt vor Ort. Nur ein „Glaskasten“ trennt ihr Büro akustisch etwas vom Geschehen im StadtLab. Florian Lauterbach sieht in dem gläsernen Büro durchaus einen Spiegel zu den Einmietungen des StadtLabs: „Wir ergänzen uns hier menschlich auf verschiedenen Ebenen. Jeder bringt etwas mit an Qualifikationen, Vorkenntnissen und Beziehungen – dies ist bei uns sehr interdisziplinär. Und das trifft auch auf die verschiedenen Nutzungen in diesem Projekt zu. Wir wollen ja hier nicht nur Einmietungen aus dem Handel oder nur Kultur. Ich finde es sehr schön, dass wir hier von Beginn an eine gewisse Vielfalt hingekriegt haben. Das liegt auch daran, dass jeder von uns bestimmte Ideen miteinbringt. Dadurch, dass wir zudem noch an die städtische Wirtschaftsförderung angeschlossen sind, haben wir auch da noch einmal ein großes Backup und Netzwerk, auf das wir zurückgreifen können. So haben wir hier einerseits viele Freiheiten und trotzdem ein großes Sicherheitsnetz.“
Vieles ist im Fluss
„Wichtig für das Funktionieren des StadtLabs war und ist es auf jeden Fall, dass wir uns nicht an starren Strukturen festhalten“, erzählt er. „Viele Menschen finden es zwar interessant, was wir hier machen. Das heißt aber noch lange nicht, dass es immer richtig konkret wird. Oft tragen wir daher erst einmal einen Blocker in den Terminkalender ein. Wir nageln aber niemanden fest. Bei uns ist vielmehr alles im Fluss und vieles entsteht erst nach mehreren Gesprächen und Treffen. Was jedoch relativ früh funktioniert hat, waren Workshops und Tagesveranstaltungen. Längere Einmietungen von mehreren Wochen sind dagegen oft schwieriger. So etwas stampft man ja nicht einfach mal so aus dem Boden. Dazu braucht es ja Planung und bisweilen langfristige Umsetzungsarbeit. Jedes Konzept ist dabei immer auch ein kleines Experiment, was hier funktioniert und was nicht.“
Dass das Projekt in nur einem halben Jahr überhaupt so schnell in Fahrt kam, liegt nach Ansicht des Teams auch an der langen Planungs- und Vorbereitungsphase: vom Schreiben des Projektantrags bis hin zur Erstellung der Homepage, der Social-Media-Arbeit, der Eröffnungsfeier bis hin zur Einbindung der Lokalpresse. „Das ist etwas, was ich auch für mich gelernt habe: Steht heute hier etwas im Lokalteil, weiß es am nächsten Tag die halbe Stadt“, lacht Grit Sachse. „Hinzu kommt, dass wir alle selber sehr gut vernetzt sind.“ Politikwissenschaftsstudentin Erza Plava sieht das so: „Für uns ist das Projekt ein bisschen wie unser Baby, auf das wir stolz sind und welches wir voranbringen möchten. Somit erzählen wir natürlich auch überall davon. Vieles funktionierte hier mit und durch Mundpropaganda.“
Fragen über Fragen
Auch was die Besucher:innen angeht, erfordert das besondere Ladenkonzept auch besonders viel Gesprächsbedarf. Denn: was heute da ist, kann schließlich morgen schon wieder weg sein. Erza Plava erzählt: „Sobald die Ladentür auf ist, kommen Leute rein, die fragen, was das hier sei. Selbst wenn hier drin etwas gerade erst im Aufbau ist. Das ist schon witzig. Natürlich bedarf es dann Aufklärungsarbeit. Einmal, was das jetzt gerade für eine Nutzung ist und dann, was überhaupt das generelle Konzept des Stadtlabs ist. Es braucht definitiv Zeit, bis alle verstehen, was hier passiert. Das Interesse ist aber definitiv da. Allein schon durch die Lage.“ Auch das offene Büro baut hier Hemmschwellen eher ab, erzählt Grit Sachse. „Da klopft es oft einfach so mal an die Scheibe. Und schon ist man mitten im Beratungsgespräch. Was das hier ist… Was man hier so macht… Wie groß die Fläche ist… Wie eigentlich die Nutzung funktioniert…“
Lust aufs Experiment
Schnell kommen dann auch die Ideen, wie man den Laden nutzen könnte. Und manche dieser Ideen überraschte auch die drei StadtLab-Akteure. „Superschön fand ich, dass hier für einen Tag der E-Sport-Verein drin war und hier plötzlich Computerspiele gespielt wurden. Es war eine ganz andere Zielgruppe. Ich bin immer wieder begeistert, was es in Jena alles gibt und was ich vorher noch gar nicht kannte“ stellt Erza Plava fest. Aber auch die Zusammenführung von verschiedenen Akteuren begeistert alle: „Beispielsweise die Woche in der sich der Bekleidungsstore LEDA gemeinsam mit dem KNEIPOMAT eingemietet hatte. Ich hätte nie gedacht, dass das funktioniert: Mode, Kunst und Essen aus dem Automaten“, lacht die Werkstudentin. Auch für Grit Sachse ein besonderes Zusammenspiel: „Ich erinnere mich noch, wie wir gemeinsam an einem Tisch saßen und die beiden sich gar nicht kannten und dann haben die beiden so gut kooperiert. So funktioniert eben auch unser Matching. Wie bei der Tischlerei Austerbaum GmbH. Während deren Ausstellungswoche waren plötzlich noch vier zusätzliche Workshops hier vor Ort. Das bringt natürlich auch eine ganze andere Kundenfrequenz in den Laden und auch ganz andere Zielgruppen. Da sagen wir dann natürlich: „Das Ganze ist ein Experiment. Hast du Lust darauf?“ „Vieles ist dabei eine Frage des Vertrauen und des Sich-aufeinander-Einlassens“, erläutert Florian Lauterbach. „Und das funktioniert bisher wirklich super! Bis Mitte Juni 2024 ist daher das StadtLab auch schon gut ausgebucht. Und dann startet ja auch noch der Ideenwettbewerb, für den es einen offenen Aufruf gab. Hier sollen expliziert neue Ideen für die Innenstadt generiert werden und auch hier ist das StadtLab direkt an der Umsetzung des Wettbewerbs beteiligt. Es wird also definitiv nicht langweilig.“