…kommt das Christuskind. Das bekannte Lied ist nur eine der vielen Konstanten, die uns jedes Jahr zur Weihnachtszeit begleiten. Ob das obligatorische Plätzchenbacken, das traditionelle Anzünden der Adventskerzen oder der geschmückte Tannenbaum – Weihnachten ist wohl das am stärksten ritualisierte Fest des Jahres. Dies gilt insbesondere auch für die Adventszeit, in der die Stadt alljährlich ihren großen Auftritt hat: duftende Weihnachtsmärkte, glitzernde Beleuchtung und natürlich… Shopping, Shopping, Shopping. Schließlich müssen die Geschenke für die Liebsten irgendwo besorgt werden. Zu keiner anderen Zeit im Jahr bietet die Stadt ein so attraktives Erlebnis- und Begegnungspaket.
In Jena gehört seit einigen Jahren auch das „Kultürchen“ zum städtischen Vorweihnachtspaket. Angelehnt an den klassischen Adventskalender, bietet es 24 Tage lang ein kostenfreies abendliches Kulturprogramm. Organisiert wird es vom Theaterverein „Freie Bühne Jena“. Damit ist es eines der vielen städtebereichernden Angebote, die durch die freie Kulturszene Jenas realisiert werden. Im Gespräch erzählt uns Organisator Tillmann Lützner, warum der Kalender in diesem Jahr seine Türchen im StadtLab öffnet, wie es überhaupt zu diesem besonderen Angebot kam und welche Herausforderungen dieses mit sich bringt:
„Das Ganze hat 2011 in der Johannisstraße ganz klein angefangen. Wir hatten dort ein vierzig Quadratmeter großes Büro und haben für zwei, drei Leute im Advent Programm gemacht. Von 2013 bis 2018 waren wir dann im Johannistor, mussten aber aus Denkmalschutzgründen raus. Seitdem suchen wir jedes Jahr einen neuen Ort. Meistens handelt es sich um Zwischennutzungen, da wir keinen eigenen großen innerstädtischen Raum haben, der dauerhaft nutzbar ist. Zwar haben wir den Kulturschlachthof, in dem wir viel machen, aber für diese Veranstaltungsreihe ist der Ort zu weit draußen. Dieses Jahr sind wir im StadtLab gelandet. Ich finde es toll, im innerstädtischen Raum aktiv zu sein und neue Orte zu beleben. Das war von Anfang an Teil des Konzepts der Freien Bühne, auch weil es keinen festen Spielraum gab. So gehört die Raumsuche ‚alle Jahre wieder‘ quasi zum Konzept.
Durch diese ständigen Ortswechsel sind wir gezwungen, jedes Jahr neu zu denken. Man kommt an einen neuen Ort und setzt sich mit dessen Gegebenheiten auseinander. Hier im StadtLab hatten wir zum Beispiel ganz andere Rahmenbedingungen. In früheren Räumen konnten wir einfach einen Dübel in die Wand hauen. Hier geht das nicht. Dafür haben wir Heizung, Kühlschrank und keine großen Aufwände für die Infrastruktur. So konnten wir diesmal alles in kurzer Zeit aufbauen und sehr planvoll vorgehen – ein Novum für uns, denn normalerweise erfahren wir erst eine Woche vorher, ob wir die Location nutzen können. Insgesamt macht dieser Wechsel aber auch den Reiz aus.“
Eine weitere „Publikumstür“ eröffnete sich dem Team der Freien Bühne während der Pandemie: „2021 kam mit der Coronazeit auch der Livestream dazu. Dank einer Förderung konnte ich damals Streamingtechnik anschaffen und ein kleines Studio im Markt 5 einrichten. So konnten wir das Kultürchen auch in kontaktlosen Zeiten anbieten. Das Konzept des Livestreams will ich auch weiterhin verfolgen. Solche Räume wie das StadtLab sind dafür ideal. Durch das Streaming ist die Veranstaltungsform hybrid geworden – wir haben ein Live-Publikum und Zuschauer, die unser Programm online verfolgen.
Uns ist es wichtig, die Partizipation möglichst niederschwellig zu gestalten. Das Programm ist deshalb kostenfrei. Wir selbst verdienen daran nichts. Ein Teil der Kosten wird über eine Spielzeitförderung gedeckt, der Rest über Spenden finanziert. Die Idee der freien Partizipation ist ein Grundpfeiler des Kultürchens und spiegelt sich auch in der Programmgestaltung wider. Theoretisch kann jeder mitmachen. Ein paar Wochen oder Monate vorher rufen wir Interessierte auf, sich zu beteiligen. So kommen Bands aus Jena, Theaterprojekte und vieles mehr zusammen. Alle Beteiligten arbeiten ehrenamtlich – abgesehen von meiner eigenen Position.
Natürlich bringt der alljährliche Raumwechsel auch Herausforderungen mit sich. Einige Leute sagen: ‚Wir konnten euch gar nicht finden. Ihr seid nicht sichtbar‘. Es braucht immer eine Anlaufphase, auch für uns. Weil wir alles in einem kleinen Team organisieren, fallen am Anfang oft einige Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit hinten runter. Aber das kennen wir von der Freien Bühne. Schon immer war es für viele schwierig, uns irgendwo fest zu verorten, da wir keinen festen Spielort haben.
Letztlich lebt der Verein – und damit auch das Kultürchen – von persönlichem Engagement und Leidenschaft. Jeder gibt, was er kann, und jeder kleine Schritt zählt.“