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Alle Jahre wieder …

Im Dezember 2024 verwandelte Tillmann Lützner mit der Freien Bühne Jena das StadtLab in ein offenes Theater und belebte die Innenstadt jeden Abend mit der Öffnung eines Kultürchens. Im Interview gewährt der Initiator des einzigartigen Kulturprogramms einen Blick hinter die Kulissen des Projekts.

Kultürchen

…kommt das Christuskind. Das bekannte Lied ist nur eine der vielen Konstanten, die uns jedes Jahr zur Weihnachtszeit begleiten. Ob das obligatorische Plätzchenbacken, das traditionelle Anzünden der Adventskerzen oder der geschmückte Tannenbaum – Weihnachten ist wohl das am stärksten ritualisierte Fest des Jahres. Dies gilt insbesondere auch für die Adventszeit, in der die Stadt alljährlich ihren großen Auftritt hat: duftende Weihnachtsmärkte, glitzernde Beleuchtung und natürlich… Shopping, Shopping, Shopping. Schließlich müssen die Geschenke für die Liebsten irgendwo besorgt werden. Zu keiner anderen Zeit im Jahr bietet die Stadt ein so attraktives Erlebnis- und Begegnungspaket.

In Jena gehört seit einigen Jahren auch das „Kultürchen“ zum städtischen Vorweihnachtspaket. Angelehnt an den klassischen Adventskalender, bietet es 24 Tage lang ein kostenfreies abendliches Kulturprogramm. Organisiert wird es vom Theaterverein „Freie Bühne Jena“. Damit ist es eines der vielen städtebereichernden Angebote, die durch die freie Kulturszene Jenas realisiert werden. Im Gespräch erzählt uns Organisator Tillmann Lützner, warum der Kalender in diesem Jahr seine Türchen im StadtLab öffnet, wie es überhaupt zu diesem besonderen Angebot kam und welche Herausforderungen dieses mit sich bringt:

„Das Ganze hat 2011 in der Johannisstraße ganz klein angefangen. Wir hatten dort ein vierzig Quadratmeter großes Büro und haben für zwei, drei Leute im Advent Programm gemacht. Von 2013 bis 2018 waren wir dann im Johannistor, mussten aber aus Denkmalschutzgründen raus. Seitdem suchen wir jedes Jahr einen neuen Ort. Meistens handelt es sich um Zwischennutzungen, da wir keinen eigenen großen innerstädtischen Raum haben, der dauerhaft nutzbar ist. Zwar haben wir den Kulturschlachthof, in dem wir viel machen, aber für diese Veranstaltungsreihe ist der Ort zu weit draußen. Dieses Jahr sind wir im StadtLab gelandet. Ich finde es toll, im innerstädtischen Raum aktiv zu sein und neue Orte zu beleben. Das war von Anfang an Teil des Konzepts der Freien Bühne, auch weil es keinen festen Spielraum gab. So gehört die Raumsuche ‚alle Jahre wieder‘ quasi zum Konzept.

Durch diese ständigen Ortswechsel sind wir gezwungen, jedes Jahr neu zu denken. Man kommt an einen neuen Ort und setzt sich mit dessen Gegebenheiten auseinander. Hier im StadtLab hatten wir zum Beispiel ganz andere Rahmenbedingungen. In früheren Räumen konnten wir einfach einen Dübel in die Wand hauen. Hier geht das nicht. Dafür haben wir Heizung, Kühlschrank und keine großen Aufwände für die Infrastruktur. So konnten wir diesmal alles in kurzer Zeit aufbauen und sehr planvoll vorgehen – ein Novum für uns, denn normalerweise erfahren wir erst eine Woche vorher, ob wir die Location nutzen können. Insgesamt macht dieser Wechsel aber auch den Reiz aus.“

Eine weitere „Publikumstür“ eröffnete sich dem Team der Freien Bühne während der Pandemie: „2021 kam mit der Coronazeit auch der Livestream dazu. Dank einer Förderung konnte ich damals Streamingtechnik anschaffen und ein kleines Studio im Markt 5 einrichten. So konnten wir das Kultürchen auch in kontaktlosen Zeiten anbieten. Das Konzept des Livestreams will ich auch weiterhin verfolgen. Solche Räume wie das StadtLab sind dafür ideal. Durch das Streaming ist die Veranstaltungsform hybrid geworden – wir haben ein Live-Publikum und Zuschauer, die unser Programm online verfolgen.

Uns ist es wichtig, die Partizipation möglichst niederschwellig zu gestalten. Das Programm ist deshalb kostenfrei. Wir selbst verdienen daran nichts. Ein Teil der Kosten wird über eine Spielzeitförderung gedeckt, der Rest über Spenden finanziert. Die Idee der freien Partizipation ist ein Grundpfeiler des Kultürchens und spiegelt sich auch in der Programmgestaltung wider. Theoretisch kann jeder mitmachen. Ein paar Wochen oder Monate vorher rufen wir Interessierte auf, sich zu beteiligen. So kommen Bands aus Jena, Theaterprojekte und vieles mehr zusammen. Alle Beteiligten arbeiten ehrenamtlich – abgesehen von meiner eigenen Position.

Natürlich bringt der alljährliche Raumwechsel auch Herausforderungen mit sich. Einige Leute sagen: ‚Wir konnten euch gar nicht finden. Ihr seid nicht sichtbar‘. Es braucht immer eine Anlaufphase, auch für uns. Weil wir alles in einem kleinen Team organisieren, fallen am Anfang oft einige Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit hinten runter. Aber das kennen wir von der Freien Bühne. Schon immer war es für viele schwierig, uns irgendwo fest zu verorten, da wir keinen festen Spielort haben.

Letztlich lebt der Verein – und damit auch das Kultürchen – von persönlichem Engagement und Leidenschaft. Jeder gibt, was er kann, und jeder kleine Schritt zählt.“

Alte Liebe Vintage

Vintage-Laden macht StadtLab Jena zur Schatzkiste

Teaser Alteliebe-Vintage
Infos
Titelbild des Shops Alteliebe Vintage

Wo? StadtLab Jena, Löbderstraße 6, 07743 Jena

Wann? 25.09. – 12.10.2024 | Montag – Samstag | 11 – 18 Uhr

Wer? Alte Liebe Vintage

Pinke Bananen und nachhaltige Blumen

Die Sieger des 1. StadtLab Ideenwettbewerbs stehen fest!

Rückblick

Es ist voll im Jenaer StadtLab an diesem 30. Mai. Der Tag der Ergebnisverkündung des hier ausgeschriebenen Ideenwettbewerbs steht an. Der Blick etlicher Gäste ist daher auf große Poster gerichtet, welche überall im Raum hängen. Jedes zeigt in Text und Bildern eine Wettbewerbsidee. Insgesamt elf Träume und Pläne, die sich damit beschäftigen, was nach Jena und zu den Ideengebern selbst passt. Und so liest man über ein Sprachencafé, die Vermarktung von heimischen Schnittblumen, nachhaltige Kleidung, Chat-GPT-Kurse, über eine urbane Töpfereiproduktion, ein Fine Dining Konzept oder den Verkauf von selbsthergestellten Oxymelen. Es sind wahrhaft unterschiedlichste Vorstellungen, was man im StadtLab und allgemein in Jenas Innenstadt umsetzen könnte.

Genauso unterschiedlich wie die Ideen sind auch ihre Träger:innen, welche sich dem Ideenwettbewerb des StadtLabs angeschlossen haben. In den vergangenen Wochen und Monaten haben sie sich zu verschiedenen StadtLab-Workshops getroffen. Haben gemeinsam an ihren Vorstellungen geschliffen, sich Ratschläge geholt und gegenseitig gegeben. Dass sich am Ende von rund 18 Teilnehmer:innen ganze 11 der Jury stellten, freut die Organisator:innen Grit Sachse und Florian Lauterbach: „Wir hatten nach der Ausschreibung des Ideenwettbewerbs sehr lange nur vier Anmeldungen. Auf den letzten Metern sind es dann noch so viele dazu gekommen. Einige Ideen waren dabei schon sehr konkret, andere eher eine grobe Skizze. Sich mit seiner Idee einer Jury zu stellen, erfordert schon einiges.“ Das sieht auch eine der Teilnehmerinnen so: „Ich habe lange überlegt, ob ich mich überhaupt dem Wettbewerb stelle“, erzählt sie. „Der Prozess war für mich viel wichtiger, als das Ergebnis. Ich habe so viele Leute kennengelernt, neuen Input erhalten, Kontakte geknüpft. Letztlich habe ich meine eigene Idee hier erst so richtig gefunden. Dann war der Jurypitch doch irgendwie die logische Schlussfolgerung“, erzählt sie.

Ihr Blick richtet sich nach vorne, wo nun Nadine Reinhold zum Mikrofon greift. Die Marketing-Expertin hatte selbst eines der Vortreffen der Ideenträger:innen geleitet und diese mit Tipps auf ihren Pitch vorbereitet. Am heutigen Abend moderiert sie die Preisverleihung. Und so stehen vor ihr auf einem Glastisch die vier Preise, welche heute ihren Ideengeber finden. „Neben den drei Jurygewinnern ist noch ein Publikumspreis zu vergeben…“, erklärt sie. „ …wobei selbst die, welche heute nicht gewonnen haben, trotzdem gewonnen haben.“ Dass sieht auch Laudator Lars Liebe vom Fachdienst Stadtentwicklung so: „Wer letztlich hier gewinnt, ist gar nicht so entscheidend“, betont er in seiner Ansprache. „Manchmal sind gerade diejenigen, welche nicht gewinnen, diejenigen welche ihre Idee auf dem Markt durchsetzen. Manchmal sind die, die gewinnen, nicht diejenigen, welche es umsetzen. Es gibt hier alle Konstellationen als Startups und ich habe sie alle schon kennengelernt. Insofern hat insbesondere die Stadt durch die Ideen gewonnen.“ Das sieht auch Florian Lauterbach: „Dies war ja auch in erster Linie das Anliegen des StadtLabs: neue Ideen in die Innenstadt zu holen, diese zukunftsfähig zu machen. Das geht nur mit Menschen.“ Auch Grit Sachse spricht ebenso: „Wir haben daher auch extra keinen Gründungswettbewerb ausgeschrieben. Nicht jede gute Idee für die Stadt, muss gleich eine Gründungsidee sein.“

Gut eine Stunde geben alle Redner noch einmal einen Überblick, wie es zu dem Wettbewerb kam und wie sie diesen wahrgenommen haben, welche Rolle Regionalität von Referenten, Caterern und Unterstützern spielte und was dessen Zukunftsperspektiven sind. Dann ist es an der Zeit, den Spannungsbogen zur Auflösung zu führen und die vier Preisträger:innen zu küren. Auch Moderatorin Nadine Reinhold findet: „Man spürt schon förmlich, wie hier alle ungeduldig mit den Hufen scharren…“

3. Platz
Nähe zum Handwerk – Bronze für „JenCeramics“

Laudatorin Franziska Weiland hat als Gründerin des Konzeptstores Holz und Hygge in Jena und Jurymitglied die Ehre den dritten Platz zu verkünden und offenbart diesen in einem Indizienpuzzle: „In einer Welt, geprägt von Distanz, brauchen wir wieder mehr Nähe. Nähe zum Handwerk, Nähe zum Künstler und Nähe Zueinander. Eine Idee, die Handwerksproduktion, die Kunsthandwerk hautnah erlebbar macht. Die Workshopformate anbietet und dazu einlädt, selbst kreativ zu werden und zu gestalten. Diese Idee hat uns überzeugt. Es geht um urbane Produktion. Es geht darum, eine regionale Produktion wieder lebendig zu machen. Wir glauben daran, dass dieses Konzept unsere Innenstadt wieder aufwertet, lebendig macht und ein Anziehungspunkt werden kann.“ Spätestens jetzt drehen sich die Köpfe der Anwesenden Ideenträger:innen zu Sibylle Grundeis. Die derzeit praktizierende Lehrerin hatte in den letzten Wochen und Monaten mit ihrem Konzept eines kreativen und offenen Keramikstores in Jena am Ideenwettbewerb teilgenommen. Ihre Ansprache lobt vor allem den Prozess des Wettbewerbs: „Ich fand, der ganze Workshop hatte wirkliche eine tolle familiäre Atmosphäre. Ich habe jedes Treffen sehr genossen, habe viel dazu gelernt und tolle Leute kennengelernt. Es ist toll, dass dies nun einen so schönen Abschluss findet.“

2. Platz
Weg von der Daddelkiste – Silber für „Education Center“

Matthias Luge von der Kommunikationsagentur ART-KON-TOR übernimmt als zweiter Laudator den Staffelstab. Für ihn als Jurymitglied stand unter anderem die Frage im Vordergrund, was in der Innenstadt umgesetzt werden und hier funktionieren kann. Dass der zweite Preis an Miriam Kubrat und André Toussaint mit ihrem Projekt „Education Center“ geht, freut ihn ganz besonders: „Immerhin geht es um ein Thema, das mit Wissen und Lernen zu tun hat. Wo Kinder und Jugendliche eine Rolle spielen, die erforschen und ausprobieren und etwas bauen können. Dass man diesen mit LEGO und KI-Lernrobotern ein Angebot schaffen kann, welche sie auch einmal von der Daddelkiste wegbringt, ist wirklich cool“, so seine Ankündigung der Ideenträger. Miriam Kubrat sieht das so: „Eigentlich war es ja die beste Idee überhaupt diesen Wettbewerb auszurufen. Wir sind wirklich dankbar, weil wir einen Schritt weiter auf unserer Mission sind. Und die hat viel mit Service zu tun. Damit, dass man aufeinander acht gibt und auch auf die Entwicklung unserer Kinder. Das möchten wir mit unserem Projekt in einem sicheren Umfeld gewährleisten.“

1. Platz
Gold für „Pink Banana Supper Club“

Nach einem standesgemäßen Trommelwirbel darf Jurymitglied Daniel Schade, Leiter der jenawohnen GmbH, den ersten Preis des Ideenwettbewerbs verkünden. „Dass ich das erste mal eine Laudatio halten darf, freut mich sehr. Dass diese für meinen Favoriten ist, freut mich umso mehr“, lacht er und erzählt: „Als ich vor sieben Jahren von Berlin nach Jena kam, hab ich tatsächlich ein paar Dinge vermisst. Zum Beispiel spontan in der Nacht ein Taxi zu rufen oder nur fünf Minuten auf die nächste Straßenbahn zu warten. Nach einigen Monaten wirklich leckerer Klöße, Braten und Blechkuchen war auch die Sehnsucht da nach etwas feiner Küche, ohne dass diese zu fancy oder zu abgehoben und zu teuer ist. Ich freue mich daher wirklich, dass es hier zukünftig diese Idee in Jena zu sehen gibt. Eine Idee, wo man viele nette, bunte Menschen treffen kann. Denn diese Welt braucht bunte Menschen.“ Daniel Schade blickt zu Jessica Mulzac und Christian Guder und hält unter großem Gelächter eine pinke Plastik-Banane in die Luft. Spätestens jetzt ist die Anspielung auf deren Fine Dining Idee des „Pink Banana Supper Club“ jedem im Raum bewusst. So wollen die beiden doch mit außergewöhnlichen gastronomischen Erlebnissen die kulinarische Landschaft in Jena bereichern. In leerstehenden Ladenflächen und Restaurants sollen regelmäßig Feinschmecker-Events mit regionalen Lebensmitteln und in privater Atmosphäre veranstaltet werden. Ein Aspekt, den Daniel Schade besonders hervorhebt, bevor er die beiden nach vorne bittet. Im passend pink-gelbem Outfit nehmen Jessica Mulzac und Christian Guder ihren Preis entgegen. „Der Aufruf zum Ideenwettbewerb war für mich wie ein Tritt in den Hintern. Außerdem hat es unglaublich Spaß gemacht, eine Idee mit seiner Partnerin zu entwickeln.“ Jessica Mulzac ergänzt: „Thank you so much, for the support!“

Publikumspreis
Ein bunter Strauß – Publikumspreis für „Urbane Schnittblumenanbau“

Nach der Jurypreisverleihung befindet sich noch ein letzter Preis auf dem Gabentisch des heutigen Abends: der Publikumspreis. Und der wechselt jetzt mit Laudatorin Katrin Hitziggrad der Agentur „Zukunftsoptimisten“ seinen Stellplatz. „Zukunftsoptimismus ist etwas, was wir alle brauchen und das wurde in dem Ideenwettbewerb auf jeden Fall zum Ausdruck gebracht. Das Projekt, welches vom Publikum gewählt wurde, vereint mehrere Bedürfnisse. Ziel ist es einen kraftvollen Erholungsort zu schaffen, der aufzeigt, wieviel Energie und Leben in der Natur steckt. In der Zukunft ist ein Bildungsangebot für Kinder und Jugendliche zu ermöglichen, Selbstwirksamkeitserfahrung zu stärken und Achtsamkeit zu lehren. Das Projekt, ist nicht nur für Farbe und Vielfalt in der Innenstadt sondern auch in Gastronomie, Einzelhandel und das eigene Zuhause“, erklärt sie und bittet Ideengeberin Sandra Bernstein nach vorne. Deren Konzept des „urbanen Schnittblumenanbaus“, welche frei von Pestiziden sind, bekam die meisten der über 1200 abgebenden Stimmen.

Nach vielen Emotionen, Siegerfotos, Dankesblumen und zahlreichen Glückwünschen finden sich alle um das angerichtete Catering ein. Stellt sich nur noch eine Frage: „Was gab es eigentlich zu gewinnen?“ „Neben einem Preisgeld haben die drei Jury-Gewinner nun die Möglichkeit, ihre Projekte testweise kostenfrei im StadtLab Jena auszuprobieren“, erzählt Florian Lauterbach. Allerdings sind wir gespannt, ob sich vielleicht auch noch Kollaborationen finden. Denn eigentlich würden viele der eingereichten Ideen gut zusammenpassen. Es bleibt also spannend.“

Stadt als Kinder(freie) Zone?!

Im Februar 2024 zog Olga Uchatsch für einen Monat mit dem Fambulous – family space & store in das StadtLab Jena und verwandelte die Erdgeschossfläche in einen besonderen Aufenthalts- und Verkaufsort für Familien. Erfahrt im zweiteiligen Blogbeitrag mehr über die junge Gründerin und ihre Idee …

Teil eins
Wenn ein Lebens-, Laden und Innenstadtkonzept aufeinandertreffen

Allein ein Blick auf Jenas Kinder-Spielplätze zeigt: Hier ist ordentlich was los! Zwar sinken seit ein paar Jahren auch hier die Geburtenzahlen, doch kinderarm ist die Stadt deshalb noch lange nicht. Im Jahr 2023 kamen allein im Universitätsklinikum 1190 Kinder zur Welt. Von den über 111.000 Einwohnern sind 14.728 unter 15 Jahren. Die meisten leben dabei nicht, wie man vielleicht denken würde, in grüner Vorortidylle sondern direkt in Jena. Im Innenstadtbild ist hiervon allerdings nur wenig zu sehen, findet Olga Uchatsch. Ihr family space & store „Fambulous“, den sie im Februar für einen ganzen Monat im StadtLab eröffnet hat, ist daher gleichsam Aufenthaltsort für Familien als auch Verkaufsort für verschiedenste Mütter-, Väter- und Kinderprodukte.

Olgas Idee entstand aus ihrem eigenen Bedürfnis, als junge Mutter nicht nur auf die heimischen vier Wände beschränkt zu sein …

Teil zwei
Familienzeit zum Shoppen

Olga Uchatsch kam im Alter von fünf Jahren aus der Ukraine nach Deutschland – lebte in einem kleinen Dorf in der Nähe von Jena. „Einkaufen in der Stadt – das war für mich als Kind immer ein Erlebnis. Ich habe es geliebt.“ Heute wohnt sie bewusst direkt in Jenas Innenstadt. Hier geht sie zur Arbeit, auch ihre Tochter besucht eine Kita in direkter Innenstadtlage. „Ich brauche den Trubel, ich bin gern unter Menschen und es gehört für mich einfach zu einem lebendigen Stadtleben dazu, auch einmal auszugehen“, erzählt sie. Den Rückgang des vielfältigen Einzelhandels empfindet sie daher als herben Verlust auch in gesellschaftlicher Hinsicht.

So basiert ihr Konzept für ihren family space & store „Fambulous“ auch auf zwei Säulen: der des Einzelhandels und der der Zusammenkunft: „Das einfachste wäre es natürlich gewesen, ein Kindercafé zu eröffnen. Das wollte ich aber bewusst nicht …

Die Polykrise der Innenstädte

Ein Gespräch mit Björn Braunschweig, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie der Universität Jena über die unterschiedlichen Probleme und Hürden einer Innenstadt.

Teil eins
Onlinehandel vs. Innenstadt

Was ist das doch für eine schöne, neue Welt? Da liegt man abends auf seiner Couch. Auf dem Schoß lagert das – mit der großen, weiten Welt verbundene – Endgerät und schon geht’s los auf Shoppingtour. Schnell die neuen Turnschuhe, den Roman aus der Lieblings-Krimireihe. Ein Klick, die Kreditkarte ist schon hinterlegt und der Postweg lässt sich live nachverfolgen. Ist man dann mal in der Stadt, ist es schon schön, wenn es noch so ein paar Geschäfte gibt. Schon allein fürs Gefühl. So zum Bummeln. Doch kann dieser Spagat zwischen digitaler und realer Welt überhaupt gelingen? Welche Chancen und Probleme hält die digitale Welt für unsere Innenstädte bereit?

Björn Braunschweig forscht am Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie der Universität Jena u. a. zum Thema Stadtentwicklung. In seiner Arbeit sieht er die deutschen Innenstädte in einer Polykrise…

Teil zwei
Die Innenstadt zum Verweilen

So ein Bummel durch die Innenstadt, das ist doch was. Mal schauen, was es so für besondere Läden gibt, neue Trends entdecken und bei der Manufaktur noch ein Geschenk besorgen und dann… nett einen Kaffee trinken. Oder ein Eis essen. Oder das neue Restaurant ausprobieren…

Björn Braunschweig sieht in der Entwicklung von Innenstädten einen deutlichen Trend: „In verschiedensten Befragungen kommt klar zum Ausdruck, dass Gastronomie und spezialisierter Einzelhandel den Menschen weiterhin wichtig sind.“ Doch Konsum ist nur ein Teil der Innenstadt…

Teil drei
Suche nach Durchmischung und bezahlbaren Mieten

Ob der Wrangelkiez in Berlin Kreuzberg, die Reeperbahn in Hamburg oder die Neustadt in Dresden – es sind längst nicht die prunkvollen Altstädte mit ihren fürstlich, güldenen Bauten oder die Verkaufsketten bestimmenden Shoppingmeilen, welche die Must-See-Listen der Reiseführer anführen. Die Suche nach widerständiger Subkultur und innovativer Handwerkskunst, nach kleinen Manufakturen und diesem einen ganz besonderen Café zieht die Menschen vielmehr in die Kieze der Städte. Weg vom Zentrum. Dahin, wo die Mieten noch bezahlbar sind. Wo die soziale Durchmischung überall sichtbare Spuren zeigt und wo noch Raum für Ideen ist…

StadtLab Ideengalerie

Die Ideengalerie präsentierte vom 21. Mai bis zum 29. Mai 2024 vielfältige Projekte aus dem StadtLab Ideenwettbewerb. Vor Ort konnten Bürger:innen per QR-Code oder Stimmzettel beim Publikumsvoting mit machen.

So machst du mit
Deine Stimme zählt

Von der mobilen Dinnerparty über Keramikhandwerk bis hin zum nachhaltigen Schnittblumen-Anbau: Das StadtLab Jena präsentiert in der Ideengalerie die vielfältigen Konzepte, die beim diesjährigen Ideenwettbewerb eingereicht wurden. Gesucht waren neue und kreative Visionen für die Innenstadt. Die Teilnehmenden haben ihre Konzepte in verschiedenen Ideenwerkstätten verfeinert und bereits vor einer Jury präsentiert. Doch jetzt brauchen sie deine Unterstützung!

Bis zum 29. Mai 2024 kannst du beim Publikumsvoting für deine Lieblingsidee abstimmen. Die Galerie im StadtLab gibt dir interessante Informationen über jede einzelne Idee.

Im StadtLab kannst du einfach den QR-Code scannen und deine wertvolle Stimme an deinen Favoriten geben. Im Vor Ort kannst du auch per Stimmzettel abstimmen. Welche Idee den Publikumspreis gewinnt, wird am 30.05.2024 verkündet!

Ideen im Überblick

StadtLab Dialog

Es wird interaktiv im StadtLab! An vier Abendveranstaltungen zwischen Mai und September können Stadtakteure und Bürger:innen Jenas zusammenkommen und rund um das Thema (Innen-)Stadtentwicklung in den Austausch gehen.

Worum geht’s?

Die Themen der StadtLab Dialogreihe reichen von gemeinsamer Stadtgestaltung über das Nachtleben bis hin zu Handwerk in Innenstädten und Immobilienentwicklung. Das Ziel? Ins Gespräch kommen und zu Themen diskutieren, welche üblicherweise Experten:innenrunden vorbehalten sind. Die Abende starten jeweils mit einem Impuls in offener Gesprächsatmosphäre – im Anschluss kann im Sinne eines After Work-Events miteinander ausgetauscht und angestoßen werden.

Sich gemeinsam Zeit zu nehmen und sich über Herausforderungen und Chancen auszutauschen gehört zur Idee des StadtLabs dazu. Organisiert wird der StadtLab Dialog in Kooperation mit dem Büro „Die Zukunftsoptimisten“, einem interdisziplinären Team für kreative und koproduktive Stadtentwicklung. Dessen Geschäftsführerin Katrin Hitziggrad führt als Moderatorin durch die Gespräche und Abende.

1. StadtLab Dialog
Jena zum Mitmachen – Ideen für die Stadt von morgen
21.05.2024 | Einlass 17:30 Uhr | Beginn 18:00 Uhr

Premiere der StadtLab Dialogreihe ist am Dienstag, den 21. Mai 2024: Thema der Veranstaltung ist die Chance gemeinsamer Gestaltung von Städten. Passend dazu wird der Ideenwettbewerb des StadtLab in den Fokus genommen, bei dem Teilnehmende ihre Visionen und Konzepte für die Innenstadt eingereicht haben.  Neben dem Austausch mit den Initiatoren des Wettbewerbs, die Wirtschaftsförderung Jena, markiert der Termin den Auftakt des Bürger:innenvotings zur Abstimmung über die Vorschläge im Rahmen des Ideenwettbewerbs. Diese werden parallel in einer „Ideen-Galerie“ prominent auf der Fläche ausgestellt.

2. StadtLab Dialog
Von Tresen bis Theaterbühne – Nachtkultur und Nachtökonomie
18.06.2024 | Einlass 17:30 Uhr | Beginn 18:00 Uhr

Weiter geht es mit der StadtLab Dialog Reihe am Dienstag, den 18. Juni. Diesmal wollen wir uns gemeinsam die „Stadt nach acht“ genauer anschauen. Nachtkultur ist so vielfältig wie die Nutzenden selbst sowie deren gemeinsame Herausforderungen. Als vielfältige Universitätsstadt ist Jena an einem attraktiven Nachtleben ganz besonders interessiert. Thema des Dialogs ist die Ausstrahlung erfolgreicher Nachtökonomie auf das Image einer Stadt. Dafür werden erfolgreiche Beispiele aus anderen deutschen Standorten betrachtet.

3. StadtLab Dialog
Handwerk in der Innenstadt? – Von Ateliers und urbaner Produktion
13.08.2024 | Einlass 17:30 Uhr | Beginn 18:00 Uhr

Am Dienstag, den 13. August dreht sich beim StadtLab Dialog alles um das Thema urbane Produktion. Der sperrige Begriff vereint Handwerk, Manufakturen und Ateliers in Innenstädten sowie die Frage, welchen Platz Handwerk im städtischen Raum haben kann und sollte.

4. StadtLab Dialog
Wem gehört die Stadt? – Von Renditechancen bis Gemeinwohl in der Immobilienentwicklung
10.09.2024 | Einlass 17:30 Uhr | Beginn 18:00 Uhr

Am 10. September erreicht die StadtLab Dialog Reihe ihr Finale. Bei der vierten und letzten Veranstaltung wird das Thema der Wirtschaftlichkeit und Gemeinwohlorientierung in der Immobilienentwicklung beleuchtet und die alles entscheidende Frage gestellt: Wem gehört die Stadt?

Über die Zukunftsoptimisten
Zukunftsopitimisten Logo

Die Zukunftsoptimisten sind ein interdisziplinäres Team, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, integrative Freiräume und gemeinwohlorientierte Lebensräume zu entwickeln. Sie stehen für kreative und ko-produktive Stadtentwicklung. Leerstand und Strukturwandel sehen die Zukunftsoptimisten als Chance und agieren hier als Impulsgeber, Umgestalter und Sinnstifter für zukunftsfähige Stadt- und Landgefüge.

Infos
Blick auf die moderne PopUp-Fläche im StadtLab Jena.

Wo? StadtLab Jena, Löbderstraße 6, 07743 Jena

Wann? 21. Mai., 18. Juni., 13. August und 10. September 2024

Wer? StadtLab Jena

Es ist die Idee

Im November 2023 zog der Kneipomat für ein Wochenende in das StadtLab Jena und verwandelte die Erdgeschossfläche in ein Pop-Up-Restaurant. Erfahrt mehr über das Kneipomaten-Wirtshaus und die tolle Synergie mit der Künstlerin und Designerin Carolina Villages im StadtLab …

Lars Winter vor seinem Kneipomat im StadtLab Jena

Wasserstoff als Energiespeicher

Pop-Up-Ausstellung der Imaginata

Ausstellung der Imaginate Jena zu Wasserstoff
Infos

Wo? StadtLab Jena, Löbderstraße 6, 07743 Jena

Wann? 13.01. – 28.01.2024, 10 bis 13 Uhr und 14 bis 18 Uhr

Wer? Imaginata e.V.

StadtLab Jena sucht neue Visionen und Geschäftsideen

Ideenwettbewerb unterstützt und qualifiziert ab sofort Gründungsinteressierte und kreative Köpfe mit innovativen Konzepten für die Innenstadt

Illustration StadtLab Jena Ideenwettbewerb
Ideenwettbewerb

„Aus dem Kopf in die Stadt“ – unter diesem Motto startet ab sofort der Ideenwettbewerb des StadtLab Jena. Neben PopUp- und Veranstaltungsfläche in der Löbderstraße 6 setzen die beiden Projektmanager Grit Sachse und Florian Lauterbach den nächsten Projektbaustein um: einen Ideenwettbewerb, zu dem alle Menschen mit Konzepten für eine lebendige Innenstadt eingeladen sind. Egal ob Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistungen, urbane Produktion, Handwerk, Kunst oder Kultur: alle neuen, kreativen Visionen für die City sind herzlich willkommen.

Diese vielfältigen Ideen für die Innenstadt können als Konzeptskizze online eingereicht werden. Anschließend haben die Teilnehmenden in einer „Werkstattphase“ die Möglichkeit, ihre Ideen in thematischen Workshops und Vernetzungstreffen weiterzuentwickeln. Die Mitmacher:innen erhalten umfangreiches Wissen, wie sie konkrete Geschäftsfälle ableiten oder den Markt analysieren. Expert:innen aus Gründungsnetzwerken und der lokalen Wirtschaft geben wertvolles Feedback, welche Herausforderungen wie gemeistert werden. Auch Kommunikationstechniken und Pitchtrainings stehen auf dem Programm, ebenso wie Finanzierungsmodelle und Grundlagen zur Ressourcenbeschaffung.

Die Mitmachenden können so ihr Netzwerk ausbauen, Partner:innen finden und bei spannenden Gründungsevents dabei sein. Den Gewinnerinnen oder Gewinnern winken Preisgelder bis zu 1.000 Euro; sie können außerdem das StadtLab Jena kostenfrei nutzen, um ihre Projekte auszuprobieren.

„Wir möchten den Teilnehmenden mit dem Wettbewerb nicht nur die Möglichkeit geben, ihre Ideen zu präsentieren, sondern auch die Ressourcen und das Wissen bieten, um diese erfolgreich umzusetzen“, so Florian Lauterbach, Projektmanager im StadtLab Jena. Bis Ende Januar 2024 können die Ideenskizzen online eingereicht werden. Danach beginnt die Werkstattphase, um die Konzepte zu verfeinern und zu konkretisieren und die Teilnehmenden für ihren möglichen Gründungsweg zu qualifizieren. Der Höhepunkt des Wettbewerbs nähert sich, wenn im Mai 2024 die ausgearbeiteten Ideen vor einer Jury präsentiert und im Anschluss bewertet werden. Die vielversprechendsten Projekte werden im Juni 2024 prämiert.

Teilnahmeberechtigt sind alle kreativen Köpfe oder Gründungsinteressierte mit Wohnsitz in Deutschland, die neue Ideen mit räumlichem Bezug zur Jenaer Innenstadt haben. „Gemeinsam können wir Jena noch lebendiger und vielfältiger gestalten. Wir freuen uns auf innovative Ideen, die die Zukunft unserer Innenstadt neu denken und das herrschende Angebot vielseitig ergänzen“, freut sich auch StadtLab-Projektmanagerin Grit Sachse auf eine rege Beteiligung am Ideenwettbewerb.

Mehr Informationen und die Anmeldung zum Ideenwettbewerb gibt es hier: