Dass der Ideenwettbewerb tatsächlich ein Wettbewerb ist, schwingt zum vierten und letzten Vortreffen wie unsichtbare Wellen durch die industriellen Räume der Trafostation. Das nächste Treffen ist schließlich der Pitch-Termin Mitte Mai, also der Tag, an dem alle Teilnehmer:innen ihre Ideen einer Fach-Jury präsentieren. So lautet das Thema des Abends denn auch: „Wie stelle ich meine Idee vor?“ oder anders formuliert „Wie pitche ich erfolgreich?“. Brandcoach Nadine Reinhold der Agentur Liebscher ist geladen, um hier in den nächsten zweieinhalb Stunden Tipps zu geben. Ihr Ansatz: Ein allgemeingültiges Thema soll als Arbeitsgrundlage dienen, um sich nicht in der Vielzahl der unterschiedlichen Ideen zu verzetteln. So wird das „StadtLab“ selbst für den heutigen Abend zur Mustervorlage, um sich mittels theoretischer Grundlagen einen guten Pitch zu erarbeiten.
Und was einen solch „guten Pitch“ ausmacht, erklärt Nadine Reinhold dann auch ohne Umschweife: „eine gute, kurzgehaltene Story, welche sich nicht in Details verliert.“ Passend dazu sind dann auch die Wünsche der Teilnehmer:innen bezüglich des Coachings: „Wie gelingt es mir besser wahrgenommen zu werden?“, fragt beispielsweise eine Ideengeberin. Sie erklärt, bislang Probleme beim konkreten Formulieren zu haben, so dass Sie ihr Gegenüber auch mitreißen kann. Ein anderer Teilnehmer erklärt, dass er „leider viel zu gerne rede“ und erkundigt sich: „Wie halte ich mich selbst kurz, ohne wichtige Punkte zu vergessen?“. Auch die Nachfrage „Wie gelingt mir ein guter erster Eindruck?“ zeigt, dass die Ratschläge der Unternehmensberaterin heute, durchaus gefragt sind. Und Nadine Reinhold kann neben theoretischen Punkten auch viel aus dem persönlich zusammengestellten Nähkästchen ihres Berufslebens plaudern. „Wichtig“, so erklärt sie beispielsweise, „sei es, sein Gegenüber erst einmal ganz rudimentär anzusprechen, ihn bzw. sie mitzureißen und aktiv in seine Idee einzubinden. Dazu gilt es herauszufinden, was zum Kunden passt. Hier darf ruhig auch einmal ‚Out of the box‘ gedacht werden“.
„Wir müssen unser Gegenüber auf einfachster Gefühlsebene erwischen. Dazu müssen wir schnell sein, konkret und kontrastreich, um unser Gegenüber möglich zügig positiv auf uns einzustellen. Ein großer Fehler“, so erklärt sie, „sei es daher, als Bittsteller aufzutreten, als jemand, der etwas unbedingt möchte. Stattdessen müssen wir es schaffen, mit dem Kunden auf Augenhöhe zu kommunizieren. Ideen müssen einerseits neu und überraschend sein und dennoch kurz und einfach verständlich. Dafür muss man vor allem sein Gegenüber einschätzen lernen.“ „Dabei helfen könne, dass man dabei ganz grob drei verschiedene Typen unterscheidet: Einmal den ‚Stimulanz Typ‘, der öfter die Themen und Ideen wechselt, emotional ist und sich schnell von neuen Ideen begeistern lässt. Der aber in Folge mitunter Schwierigkeiten hat, bei der Umsetzung der Themen auch am Ball zu bleiben.“ „Dem gegenüber“, so Nadine Reinhold, „steht der ‚Dominanz Typ‘, der gern die Situation unter Kontrolle hat, detailverliebt ist und ein großes Machtverhalten an den Tag legt. Dazwischen liegt quasi der ‚Balance Typ‘, der eher freundlich und zurückhaltend auf Stabilität setzt und Veränderungen nur abwägend gegenüber steht. Natürlich kann ich nicht immer sofort erkennen, welcher Typ mir gegenüber sitzt, dennoch hilft diese grobe Einteilung, um schnell zu erkennen, wie ich dem Gegenüber auf der emotionalen Ebene einfacher begegnen kann “, resümiert die Coachin. „Das erfordert immer ein gewisses Maß an Wahrnehmung und Spontanität. Mein Ratschlag ist daher: Versucht euer Gegenüber zu lesen, bleibt aber auch bei euch selbst.“ Und mit einer persönlichen Anekdote – über einen ihr verkauften Lockenstab, den sie weder wollte noch brauchte, verdeutlicht Nadine Reinhold noch einmal: Emotionen hervorzurufen ist das A und O des erfolgreichen Pitchens!
Inzwischen ist es kalt in dem Oberlichtsaal der Trafostation geworden. Die Kälte des Frühlings draußen zieht sich durch die Mauern, so dass die Teilnehmer:innen drinnen sich die Hände reiben, um warm zu bleiben. Der Stimmung tut dies allerdings keinen Abbruch. Gemeinsam werden eigene Erlebnisse ausgetauscht, Ideen geteilt, Ratschläge gegeben. Nadine Reinhold gibt verschiedenste Tipps wie man beispielsweise den Jagdinstinkt eines Kunden wecken kann und welche psychologischen Tricks auch zum konkreten Abschluss eines Pitches führen können. Nach fast zwei Stunden Coaching bringt die Cateringpause für alle nicht nur die Gelegenheit etwas Warmes zu sich zu nehmen, sondern auch die Möglichkeit, dass eben Erlernte, am konkreten Beispiel zu präsentieren. Denn die Aufgabe, so erinnert sie, war es ja heute das Thema „StadtLab“ als Pitch zu präsentieren. „Warum soll es eine solche Einrichtung wie das StadtLab in Jena geben?“, lautet demnach der Arbeitstitel, welchen die Teilnehmer:innen in Gruppenarbeit nun ganz unterschiedlich angehen. Und während das eine Team mit einer Acapella- Gesangsnummer für Aufmerksamkeit sorgt, zeigt eine andere Gruppe, welchen emotionalen Einfluss persönliche Geschichten für einen guten Pitch haben. „Mal schauen, was ich in zwei Wochen aus den vielen Informationen mache“, meint am Ende des Abends eine Teilnehmerin und ergänzt: „Auf jeden Fall, habe ich viel mitgenommen heute. Ich bin jetzt echt gespannt auf den Pitch-Tag.“